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KUNSTHANDEL AUSGEWÄHLTE WERKE IMPRESSUM        
 
 
   
  GILLIS COIGNET, zugeschrieben (Antwerpen, 1542–1599, Hamburg)
TOD DER DIDO
 
2. Hälfte 16. Jahrhundert
Öl auf Leinwand, Höhe: 123 cm, Breite: 106 cm
gerahmt
   
  PROVENIENZ
 
Europäischer Privatsammlung
   
  AUSSTELLUNG
 
Frauenkörper. Der Blick auf das Weibliche von Albrecht Dürer bis Cindy Sherman, Ausstellung im Kurpfälzischen Museum Heidelberg, 24. Oktober 2021–20. Februar 2022
   
  Halb bekleidet rammt sich Dido, die Königin von Karthago, ein Schwert in die Brust. Im Katalog der Ausstellung im „Frauenkörper. Der Blick auf das Weibliche von Albrecht Dürer bis Cindy Sherman“ im Kurpfälzischen Museum Heidelberg schreibt Kuratorin Dagmar Hirschfelder: „Die Szene geht auf eine Erzählung aus Vergils römischem Nationalepos „Aeneis“ zurück: Nach langer Irrfahrt verschlägt es den trojanischen Prinzen Aeneas nach Karthago, wo Dido in Liebe zu ihm entbrennt. Als Aeneas auf göttliche Weisung hin nach Italien zurückkehren muss, will Dido seine Geschenke auf einem Scheiterhaufen verbrennen, um sich durch ein Brandopfer von ihrer Liebe zu befreien. Stattdessen stößt sie sich dann jedoch verzweifelt das Schwert des Geliebten in die Brust. Daraufhin schickt Juno, die Gattin Jupiters, die Götterbotin Iris, die Dido eine Locke abschneidet, um ihre Seele vom Leib zu befreien. Die gewaltsame Szene dient dem Maler gleichsam als Vorwand für die Inszenierung der sinnlichen Reize des Frauenkörpers. ... Die Verbindung des Selbstmord-Motivs mit einer explizit erotisierenden Darstellungsweise begegnet auch auf anderen frühneuzeitlichen Bildern von Heldinnen wie Lucretia oder Kleopatra. Trotz des Gewaltaktes erscheinen Gesicht und Körper der Sterbenden zumeist makellos schön und nahezu unversehrt.“ [1]
 
Wir danken Dr. Thomas Fusenig, der die Zuschreibung an Gillis Coignet vorgeschlagen hat. Er erkennt in der Hand des Künstlers ohne Zweifel einen in Florenz ausgebildeten und tätigen flämischen Maler.
 
In der Komposition lässt das Gemälde auch Anklänge an die Schule von Fontainebleau erkennen. Diese bezeichnet eine Gruppe von Künstlern, die vom 16. bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts an der Innenausstattung von Schloss Fontainebleau, der Residenz des französischen Königs Franz I., gearbeitet hatten. Künstlerisch entwickelte sich eine eigenständige Spielart des Manierismus, die zunächst durch den italienischen Einfluss von Künstlern wie Rosso Fiorentino Francesco Primaticcio und Niccolò dell’Abate geprägt war, zunehmend jedoch auch flämische und französische Einflüsse verarbeitete und ab dem Ende des 16. Jahrhunderts auch als „Zweite Schule von Fontainebleau“ bezeichnet wird.
 
Aus dieser Phase stammt eine Reihe von erotischen Bildern, für die eine besondere Vorliebe bestand, ebenso wie Themen aus der griechischen und römischen Mythologie. Das Besondere an den Bildern ist eine raffinierte Erotik bei gleichzeitiger Distanziertheit. In der Ikonographie der Gemälde liebt man Rätsel, Verschlüsselungen und gelehrte Anspielungen und in der Ausführung bevorzugt man langgliedrige, sich kapriziös gebende Gestalten in klaren Konturen.
 
[1] Frieder Hepp (Hg.): Frauenkörper. Der Blick auf das Weibliche von Albrecht Dürer bis Cindy Sherman, Ausst. Kat. Kurpfälzisches Museum Heidelberg, 24. Oktober 2021–20. Februar 2022, Petersberg 2021, S. 161.
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