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KUNSTHANDEL AUSGEWÄHLTE WERKE IMPRESSUM        
 
 
   

  MORITZ MICHAEL DAFFINGER (1790 Wien–1849 Wien)
KOSTÜMSTUDIE ZUR „THEKLA“ AUS WALLENSTEIN
 
Figurine, Aquarell auf Papier, Höhe: 19 cm, Breite: 12 cm, signiert, betitelt rechts oben: „Thekla“, links unten: „Costum...“, Passepartout, gerahmt
   
  PROVENIENZ
Dorotheum, Wien, 340. Kunstauktion, Gemälde, Aquarelle, Miniaturen, Graphik, Antiquitäten, Teppiche, 7.–9. Mai 1923, Lot 132, Abb. Tafel XII
Dorotheum, Wien, Meisterzeichnungen, Druckgraphik bis 1900, Aquarelle und Miniaturen, 2. Juni 2010, Lot 00239
Europäischer Privatbesitz
   
  Moritz Michael Daffinger hatte eine innige Beziehung zur darstellenden Kunst. Von den Tagen des Wiener Kongresses bis in seine letzten Lebensjahre blieb für ihn das Theater der bevorzugte Ausgangspunkt gesellschaftlicher und künstlerischer Anregungen. Die Beziehung Daffingers zur gefeierten Schauspielerin Sophie Schröder, die von ca. 1817 bis 1823 dauerte und mit der er zwei uneheliche Kinder hatte, trug sicherlich auch dazu bei, das Interesse des Künstlers für die Welt des Theaters zu steigern. [1]
 
Eine beeindruckende Reihe von Kunstwerken legt davon Zeugnis ab, mit welch künstlerischer Kraft Daffinger an die Aufgabe herantrat, die unterschiedlichen Protagonisten und deren Rollen im Bild festzuhalten. Eine wichtige Quelle, die über seine Theaterbeziehung Aufschluss gibt, bietet der Nachlass des Künstlers (Nachlassauktion von Moritz Michael Daffinger, C. J. Wawra, 22./23. April 1921). [2] Darin fanden sich Blätter mit „Figurinen“, flüchtigen bis ausgereiften Studien, die für kostümlich-dekorative Zwecke ausgeführt wurden. Sie beziehen sich auf Inszenierungen und Rollenbesetzungen von Werken Grillparzers, Die Zauberflöte, Wilhelm Tell und anderen Dramen Schillers. Im Nachlass finden sich Figurinen für das Burgtheater zu Octavian Piccolomini und Buttler in Schillers Trilogie Wallenstein. Schiller behandelt darin den Niedergang des berühmten Feldherrn Wallenstein, wobei er sich frei an den realen historischen Ereignissen orientiert.

 
Das vorliegende Blatt ist ebenfalls eine Kostümstudie zu Wallenstein, und zwar für die Figur der Thekla, der Tochter Wallensteins, die in Schillers Drama eine Liebesbeziehung mit Piccolominis fiktivem Sohn Max verbindet. Es ist also davon auszugehen, dass die vorliegende Studie gleichfalls für das Burgtheater geschaffen wurde.
 
Die Darstellung der Thekla besticht durch Daffingers äußerst feine Zeichnung der Details – des Gesichts ebenso wie des mit Hermelin gesäumten Gewandes – sowie die subtile Farbwahl, in der die pastelligen und goldenen Töne von einem kräftigen Rot konterkariert werden.
 
[1] Leo Grünstein, Michael Moritz Daffinger und sein Kreis, Wien, Manz Verlag 1923.
[2] C. J. Wawra (Hg.),Nachlaß des Miniaturenmalers Moritz Michael Daffinger, Wien 1790 bis 1849: Miniaturen, Ölbilder, Aquarelle, Zeichnungen und seine Kupferstichsammlung, Versteigerung 22./23. April 1921 (Katalog Nr. 266), Wien, C. J. Wawra 1921.
   
   
MORITZ MICHAEL
DAFFINGER
 
Daffinger war ein Sohn des Porzellanmalers Johann Leopold Daffinger (1748–1796) und seiner Frau Katharina. Als Elfjähriger wurde er als Lehrling in die k.k. Porzellanmanufaktur aufgenommen. Er studierte an der Akademie der bildenden Künste, wo er Schüler von Heinrich Friedrich Füger (1751–1818) war, und widmete sich der Porzellanmalerei. Seit 1809 war er ausschließlich im Porträtfach, vor allem mit Miniaturmalerei auf Elfenbein beschäftigt. 1827 heiratete er Maria Theresia Smolenitz von Smolk (1808–1880).
Daffinger wurde stark von dem englischen Porträtmaler Thomas Lawrence (1769–1830) beeinflusst, der sich 1815 aus Anlass des Wiener Kongresses in der Reichshauptstadt aufhielt. Auch der Pariser Hofmaler Jean-Baptiste Isabey (1767–1855), der während des Kongresses in Wien weilte, war für Daffingers Entwicklung von entscheidender Bedeutung. Durch seine Gönner, Erzherzogin Sophie und Fürst Metternich, erhielt er Aufträge des Erzhauses und des Adels für mehr als 200 Aquarellbilder. Daneben zählte das reiche und kulturell bedeutende Bürgertum Wiens zu seinen Auftraggebern (Rothschild, Arthaber, Geymüller u. a.). Nach dem Tod seiner Tochter 1841 widmete er sich zunehmend der Blumenmalerei. Daffinger starb 1849 an der damals in Wien ausgebrochenen Cholera.
Moritz Michael Daffinger war als Porträtminiaturist so bedeutend, dass er die meisten folgenden Miniaturisten in Österreich beeinflusste. Sein Gesamtwerk umfasst mehr als 1000 Porträts dieser Art.
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