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KUNSTHANDEL AUSGEWÄHLTE WERKE IMPRESSUM        
 
 
   
  FRIEDRICH VON AMERLING (1803 Wien–1887 Wien)
STUDIE EINES SITZENDEN WÜRDENTRÄGERS
 
Feder in Braun über Bleistift, grau laviert, auf Papier, Höhe: 6,3 cm, Breite: 4 cm, auf Unterlage montiert, Passepartout, ungerahmt
   
  PROVENIENZ
 
Sammlung Ludwig Lobmeyr, Wien (Lugt 287) bis 1917
Auktion Wawra, Künstlerhaus Wien, 22. Oktober 1917, Los Nr. 175
Sammlung Emanuel Braun, Wien, bis ca. 1930
Edith Oser-Braun, bis 1938
Ankauf durch die Albertina, Wien (Inv.-Nr. 28057-28059), 23. September 1938
Restitution an die Rechtsnachfolger nach Edith und Siegfried Oser-Braun 2002
Dorotheum, Wien, Meisterzeichnungen und Druckgraphik bis 1900, Aquarelle, Miniaturen, 16. Juni 2009, Lot 00710
Österreichischer Privatbesitz
Europäischer Privatbesitz
   
  Die „Studie eines sitzenden Würdenträgers“ von Friedrich von Amerling stellt einen Mann mit feierlichem bodenlangem Ornat dar. Er sitzt auf einem Stuhl, zu seiner Rechten eine Säule, zu seiner Linken die Andeutung eines Tisches oder eines architektonischen Versatzstückes. Neben der Säule ist ein Vorhang erkennbar, der den Bildhintergrund bildet. Es könnte sich bei der Skizze um eine Studie für „Ferdinand Maria Graf von Chotek, Erzbischof von Olmütz“ (1781–1836) handeln, den Amerling 1835 in einem Gemälde porträtiert hat. Das Porträt entstand während Amerlings Aufenthalt in Teplitz/Teplice, wo er bei Johann Graf Waldstein-Wartenburg zu Gast war. Für eine Vorzeichnung zu diesem Gemälde könnte sprechen, dass die auf dem Gemälde dargestellten Insignien wie der Bischofsstab und die Mitra rechts am Tisch spätere Übermalungen durch eine fremde Hand sind. Dieser Eingriff wurde bekannt, als das Gemälde 1839 in der Akademie-Ausstellung zu sehen war: Amerling war empört. [1] In der Skizze fehlen die Insignien. Die Haltung der Hände – die linke auf der Armlehne, die rechte auf dem Oberschenkel – entspricht ebenso relativ genau jener im Gemälde wie die Konturen des Ornats, obzwar der Dargestellte in der Skizze etwas mehr nach links gedreht scheint.
 
Eine weitere Möglichkeit wäre, dass es sich um eine Skizze für das Gemälde „Kaiser Franz I. im Ornat des Ordens vom Goldenen Vlies“ aus dem Jahr 1834 handelt. Dafür würden die stärker nach links gewandte Körperhaltung und die hohe, für den Kaiser charakteristische Stirn sprechen. Allerdings divergieren Handhaltung und Position des Tisches.
 
Weitere Zeichnungen von Friedrich von Amerling aus der Sammlung Ludwig Lobmeyr auf persönliche Anfrage.
 
[1] Sabine Grabner (Hg.), Friedrich von Amerling, 1803–1887, Ausst.-Kat. Österreichische Galerie Belvedere Wien, 26. März–22. Juni 2003, Leipzig, E. A. Seemann 2003, S. 136.
   
   
FRIEDRICH VON
AMERLING
 
14. April 1803 Wiener Vorstadt Mariahilf–14. Januar 1887 Wien, war neben Ferdinand Georg Waldmüller einer der angesehensten österreichischen Porträtmaler des 19. Jahrhunderts.
 
In die Familie eines Gold- und Silberdrahtziehers hineingeboren, studierte Amerling von 1815 bis 1824 an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Danach beschloss er, seine Ausbildung an der Akademie in Prag fortzusetzen, bevor er 1827 für gut eineinhalb Jahre nach London übersiedelte. Dort traf Amerling auf den Porträtmaler Sir Thomas Lawrence (1769–1830), der großen Einfluss auf seine Arbeit ausübte. Weitere Reisen führten ihn nach Paris und Rom, von wo aus er schließlich nach Wien berufen wurde, um das Porträt von Kaiser Franz I. von Österreich zu malen. Durch diesen Auftrag wurde er zu einem führenden Porträtisten, dessen besonderer Stil die Eleganz britischer Porträtmalerei und den Realismus der Wiener Biedermeiertradition zu verbinden wusste. Feinfühlige Beobachtungsgabe, edle bis exotische Arrangements und gediegene Farbigkeit zeichnen seine Werke aus. Amerling, der viermal verheiratet war, unternahm zeit seines Lebens ausgedehnte Studienreisen: 1840–1843 sowie 1845/46 nach Rom, 1882 nach Spanien, 1883 u. a. nach England, 1884 nach Griechenland, 1885 nach Ägypten und Palästina sowie nach Skandinavien bis zum Nordkap. Sein erlesener Kundenkreis schloss nicht nur Mitglieder der königlichen Familie ein, sondern ebenso wohlhabende Bürger der Oberschicht, Berühmtheiten sowie Künstler und sicherte ihm schon zu Lebzeiten einen hervorragenden internationalen Ruf.
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